Schlagersängerin Michelle (53), mit bürgerlichem Namen Tanja Hewer, spricht in einem bewegenden Interview mit der Bild-Zeitung offen über ihre traumatische Kindheit. „Ich kann mich an gar keinen glücklichen Moment erinnern“, sagt die Künstlerin, die heute zu den bekanntesten Schlagerstars Deutschlands zählt. In ihrem Elternhaus seien Alkohol, Gewalt und Verwahrlosung Alltag gewesen.
Beide Elternteile litten unter einer Suchterkrankung, der Vater habe sich zudem besonders brutal verhalten. „Bei uns zu Hause waren Gewalt und jegliche Verwahrlosung an der Tagesordnung. Wir wurden misshandelt und vernachlässigt. Verbal, körperlich, psychisch, physisch“, berichtet Michelle. Für die Kinder bedeutete das ein Leben in ständiger Angst.
Flucht ins Frauenhaus – und zurück
In besonders bedrohlichen Nächten habe ihre Mutter sie und die Geschwister ins Frauenhaus gebracht, kehrte jedoch immer wieder zum Vater zurück. „Heute weiß ich, sie hatte gar keine andere Wahl. Es ging jeden Tag einfach nur ums Überleben. Für sie und für uns“, so Michelle. Obwohl Nachbarn, Jugendamt und Schule über die Zustände informiert gewesen seien, habe keine wirksame Hilfe eingesetzt. Mit neun Jahren kamen Michelle und ihre Schwester in eine Pflegefamilie – doch auch hier erlebten sie erneut Gewalt. In einer weiteren Pflegefamilie versuchte ein Mann sogar, sie körperlich zu missbrauchen.
Musik als Rettungsanker
Erst in einer dritten Pflegefamilie, in der der Pflegevater eine Band hatte, entdeckte Michelle ihre Leidenschaft für die Musik – ein Wendepunkt in ihrem Leben. Später wurde sie eine feste Größe im deutschen Schlager, vertrat 2001 Deutschland beim Eurovision Song Contest und startet in diesem Jahr ihre Abschiedstournee.
Bruch mit dem Vater
Die Beziehung zum Vater ist endgültig zerrissen. „Unser Vater sagte uns von klein auf, dass wir keine Wunschkinder gewesen sind. Es hat lange gedauert, bis ich den Satz ‚Du bist nicht gewollt‘ für mich selbst verarbeiten konnte.“ Heute hat Michelle jeglichen Kontakt abgebrochen.
Traumata bis heute präsent
Die erlittenen Misshandlungen hinterließen Spuren. „Ich habe ein riesiges Trauma mitgenommen in mein Leben. Man vergisst nichts“, betont die Sängerin. Die Wunden der Kindheit seien nie ganz verheilt: „Das innere Kind trägt sich immer mit. Auch als Erwachsener.“
Liebe als Schlüssel zur Heilung
Halt und Vertrauen fand Michelle in ihren Kindern und in ihrem Verlobten, dem Sänger Eric Philippi. „Er ist der Mensch, der mich erkennt. Er hat mein Schloss gesprengt. Außer meinen Kindern ist Eric die einzige Person, die an meine Seele herankommt“, sagt sie voller Dankbarkeit.