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Vanessa Mai: die ganze Wahrheit

Da steht sie, so stellt man sich’s vor, da steht sie und erzählt. Von Aufstieg und Niederlagen, von den mittlerweile acht Alben, von Konzerten und Weggefährten, Erfolgen und Enttäuschungen im bislang doch recht kurzen Leben der Schlager- und Popsängerin Vanessa Mai. Das Bild einer selbstbewussten, sympathischen Quasselstrippe setzt sich fest im Kopf, während man die neue Autobiografie liest, in der die Künstlerin ihre bisherige Karriere Revue passieren lässt. «Es wurde so krass viel geschrieben und jetzt dachte ich mir, ist es an der Zeit, dass ich mal schreibe», erklärt die 30-Jährige dazu.

Unter dem Titel «I do it Mai way» will sie ihre Geschichte offenlegen. Da ist der Mehrwert für viele doch recht übersichtlich, aber das macht nichts. Denn die die Zielgruppe Mais wird perfekt bedient, die Fans erhaschen ihre Einblicke ins Leben des nach wie vor recht bodenständigen Pop-Idols aus Backnang.

Die Frage, die sich aufdrängt, spricht die Sängerin bereits nach wenigen Zeilen selbst an: «Was zum Kuckuck hat eine 30-jährige Künstlerin denn schon erlebt, dass sie ein Buch damit füllen könnte?», fragt Mai. Ganz einfach: Es gebe halt «wichtige Lektionen, Weisheiten, Lifehacks und Erkenntnisse», schreibt sie. «Und ich schwöre: Es wird nicht langweilig.»

Und ganz unrecht hat sie damit auch nicht. Denn ihre Fans dürften sich freuen über den recht frischen und offenen Stil, der tatsächlich arg erinnert an einen verquasselten «Da fällt mir ’ne gute Geschichte ein»-Abend. Mai lässt ihre Ghostwriterin erzählen von den langen Nächten als Tochter eines kroatischen Musikers, neben dem sie bereits als Kind auf der Bühne stand, sie erinnert sich an den Talentwettbewerb des Backnanger Straßenfests, an Tagträume vom Leben als Popstar und einen demütigenden Auftritt als Jugendliche bei der Hip-Hop-WM.

Über die Welt des Schlagers betritt Mai die größeren Bühnen, sie feiert Erfolge mit der Freizeit-Kombi «Wolkenfrei», bis sie sich freischwimmt und es alleine versucht. Gleich zu Beginn lernt sie Schlager-Überstar Helene Fischer kennen und muss sich fortan im hart umkämpften Geschäft mit Vergleichen auseinandersetzen. Mai hat die Branche genutzt und genossen, sie hat aber auch die Schattenseiten kennengelernt und sich schließlich abgesetzt, um ihren eigenen Stil vertreten zu können. Für den Schlager wirbt sie weiter: «Schlager ist demokratisch», schreibt Mai. «Er macht Spaß und berührt, und das ist auch seine einzige Aufgabe.»

Ihr Antrieb? «Mich zieht es zur Bühne, weil ich es mag, gemocht zu werden, diese Energie von außen zu bekommen.» Und deutlich wird mit jedem weiteren Schritt auch: Mai strebt nach dem Authentischen, sie will sich nicht einnehmen lassen, bei der Musik nicht und bei der Mode auch nicht, sie will ausprobieren und sich nicht binden. «Ich war schon immer davon überzeugt, „besonders“ zu sein, was vor allem bedeutete, Besonderes vom Leben zu wollen», erzählt Mai. Damit eckte sie an, scheiterte, stand aber auch oft auf und sang weiter, wie sie schreibt.

Mit ihrem Buch wolle sie niemanden «anpinkeln», sagt sie vor der Veröffentlichung des literarischen Debüts, das sie selbst als «Zwischenbilanz» bezeichnet. «Aber solch eine Geschichte bin ich glaube ich meinen Fans schuldig. Sie wollen auch viel verstehen. Und das werden sie dann auch», verspricht Mai.

Tatsächlich dürfte das eine oder andere vor allem zum Start mit «Wolkenfrei», zur Emanzipation von der Schlagerwelt und zum stärker kritisierten Album «Schlager» (2018) und seinen Folgen für Fans ebenso erhellend sein wie Details zu einer Schwächephase im jungen Leben Mais, zu ihren Rückzugsorten und Bezugspersonen. Auch ihre Appelle für vielgleisige Künstlerkarrieren, weniger Regeln und mehr Innovationen sind alles andere als banal. Amüsant zudem kleine Anekdoten wie das Detail, dass sie ausgerechnet beim ersten Date mit ihrem späteren Mann auf der Toilette eingeschlafen ist. Allerdings nimmt die Liebesgeschichte insgesamt mächtig Platz ein – und warum Mai der griechischen Mythologie und Ovid so viel Platz schenkt, wird ihr Geheimnis bleiben.

«Ich habe mich von vielen Dingen befreit und stehe jetzt einfach sehr unabhängig da», sagt Mai vor der Buchveröffentlichung. «Ich muss jetzt niemanden mehr fragen, was ich machen darf, es ist mein eigenes Ding geworden.» Wohin sie dieses «Prinzip frei Schnauze» als nächstes bringen wird, das verrät Mai im Buch leider nicht. So bleibt «I do it Mai way» ein Fan-Buch. Mai gibt einen Einblick, der vertraut wirkt und nah. Mehr nicht, weniger aber auch nicht.

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